Die Anpassungsfähigkeit mariner und terrestrischer Algen an extreme Umweltbedingungen

Forschung in der Abteilung „Angewandte Ökologie und Phykologie“ der Universität Rostock

Wir erforschen, welche Anpassungsmechanismen Mikro- und Makroalgen besitzen, die an extremen Standorten leben, von den Polargebieten bis in die Atacama-Wüste. Die Algen sind von großer ökologischer Bedeutung, da sie sehr produktiv sind und anderen Lebewesen als Nahrungsquelle dienen. Es ist es wichtig festzustellen, wie diese Organismen auf den Klimawandel reagieren, denn die Konsequenzen für diese Schlüsselarten und deren Funktionen im Ökosystem sind bisher noch unbekannt. Ein weiterer Aspekt unserer Forschung ist, Funktionen, die die Natur bietet, für menschliche Anwendungen nutzbar machen zu können.

Extremstandorte sind meist durch folgende Bedingungen gekennzeichnet:

Extreme Temperaturen
Terrestrische Algen in Bodenkrusten sind starken Temperaturunterschieden ausgesetzt, bedingt durch Schwankungen im Tages- und Jahresverlauf.

Erhöhte UV-Belastung
Die harte ultraviolette Strahlung (UV-B, Wellenlänge: 280-315 nm) nimmt in vielen Regionen der Erde aufgrund des Abbaus der stratosphärischen Ozonschicht zu. UV-B wirkt genverändernd und schädigt zahlreiche Biomoleküle und Prozesse in der Zelle. Viele Algen schützen sich jedoch mit spezifischen Sonnenschutz-Substanzen. Die Nutzung dieser Substanzen für kosmetische und pharmazeutische Anwendungen wird in Kooperation mit der Universität Innsbruck untersucht.

Austrocknung
Terrestrische Algen in Bodenkrusten sind häufig Trockenstress ausgesetzt. Nur nach Niederschlägen ist zumindest kurzfristig Wasser vorhanden, fehlt hingegen aber in den Trockenzeiten vollständig. Viele terrestrische Mikroalgen synthetisieren und akkumulieren Zuckeralkohole als Schutzsubstanzen, um Wasser besser in den Zellen zurückzuhalten und somit dem Trockenstress entgegenzuwirken.

Unter kontrollierten Laborbedingungen untersuchen wir die ökophysiologischen, biochemischen und molekularbiologischen Grundlagen der Anpassung an diese und andere Umweltfaktoren und vergleichen die gewonnenen Daten mit dem Freiland.

Forschungsfragen

  • Welche Algenarten kommen an Extremstandorten überhaupt vor (Biodiversität)?
  • Welche zellbiologischen, physiologischen, biochemischen und molekularen Anpassungsmechanismen ermöglichen Algen das Überleben an Extremstandorten?
  • Wie, durch welche Mechanismen und mit welchen Konsequenzen werden biotische Interaktionen in den Polargebieten durch den Klimawandel verändert (Beispiel Parasitismus)?

Methoden

  • Freilandarbeiten, Erfassung von Umweltparametern, Probenahme-Techniken
  • Algen-Isolierung, Reinigung und Etablierung klonaler Kulturen
  • Simulation von Umweltstress Experimenten unter kontrollierten Bedingungen
  • Messung photosynthetischer und respiratorischer Aktivität mit Sauerstoff-Optoden
  • Messung von Wachstumsgrenzen und -optima mit fluoreszenzbasierten Methoden
  • Anwendung mathematischer Modelle für physiologische Prozesse
  • Analytik von Stressmetaboliten, chemische Strukturaufklärung
  • Molekularbiologische Methoden (Metagenomik, Transkriptomik)
  • Mikroskopische Techniken (Licht-, Epifluoreszenz-, konfokale Laser- und Elektronen-Mikroskopie, Färbetechniken)

Verantwortliche

Prof. Ulf Karsten, Angewandte Ökologie und Phykologie, Universität Rostock und Team

Kooperationen

Prof. Hans-Peter Grossart und Doris Ilicic (Parasiten benthischer Diatomeen) 

Dr. Jonas Zimmermann und Katherina Schimani (Biodiversität benthischer Diatomeen)

Prof. Burkhard Becker und Dr. Ekaterina Pushkareva (Bodenkrusten der Polargebiete) 

Prof. Andreas Holzinger (Innsbruck) (Zellbiologie benthischer Diatomeen) 

Prof. Markus Ganzera, Prof. Johanna Gostner, Prof. Thomas Werner (UV-Schutzsubstanzen in Fischaugen)

Dr. Karin Glaser und Dr. Kenneth Dumack (Algivore Cercozoa)

Projekte mit unserer Beteiligung

Die ökologische Rolle pilzlicher Parasiten von benthischen Diatomeen polarer Küstengewässer          
Die ökologische Rolle pilzlicher Parasiten von benthischen Diatomeen polarer Küstengewässer – Angewandte Ökologie & Phykologie – Universität Rostock (uni-rostock.de)

Biodiversität und Biogeographie mariner benthischer Diatomeen in Antarktischen und Arktischen Küstengewässern zur Überprüfung des Vorkommens von Endemismus mittels hochauflösender Taxonomie und eDNA Metabarcoding
Biodiversität und Biogeographie mariner benthischer Diatomeen der Polargebiete – Angewandte Ökologie & Phykologie – Universität Rostock (uni-rostock.de)

Algivore Cercozoa prägen die Zusammensetzung der Gemeinschaft von Bodenkrusten, der dominanten Vegetation in Polarregionen – im Rahmen des DFG SPP 1158 Antarktisforschung
Dumack_2020 – DFG-Schwerpunktprogramm 1158 – Antarktisforschung – Universität Rostock (uni-rostock.de)