Durch geodätische Vermessung der Erdoberfläche einschließlich der Ozeane, der eisbedeckten Gebiete und des Schwerefeldes der Erde, kann man deren gegenwärtigen Zustand präzise erfassen. Gemessene Veränderungen geben Auskunft über Erdsystemprozesse, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Klimawandel.
Vor allem durch Satellitenmessungen können wir die gegenwärtigen Veränderungen der Eisschilde in Grönland und Antarktika verfolgen. Durch Kombination dieser Messungen mit physikalischer Modellierung verstehen wir zunehmend besser, wie Eismassenänderungen, Meeresspiegeländerungen und Prozesse der festen Erde miteinander gekoppelt sind. Zum Beispiel hebt und senkt sich die Erdoberfläche in der Folge gegenwärtiger Änderungen der auf ihr lastenden Eis- und Ozeanmassen ebenso wie in Reaktion auf längst vergangene Eismassenänderungen. Messungen dieser Bewegungen erlauben also auch Rückschlüsse über die Vereisungsgeschichte.
Neben den Daten moderner Satellitenmissionen nutzen wir die Ergebnisse eigener Feldmessungen. Diese boden- und flugzeuggestützten Daten gewinnen wir während häufiger Expeditionen in die Polargebiete. In der Auswertung verknüpfen wir die geodätischen Messungen mit Ergebnissen und Vorhersagen verschiedenster Modelle, die in der Geodäsie und ihren Nachbardisziplinen wie Geophysik, Glaziologie und Klimaforschung entwickelt werden.
Forschungsfragen
- Welche Möglichkeiten bieten neue Mess- und Auswerteverfahren für eine genauere Bestimmung der Änderungsprozesse von Eisschilden?
- Wie kann die numerische Modellierung (Klimamodellierung, Eisschildmodellierung) von geodätischen Messungen profitieren? Und umgekehrt: Wie kann die Interpretation der Messungen von der numerischen Modellierung profitieren?
- Wie lassen sich Bewegungen der festen Erde, auch unter dem Eis, aus Messungen bestimmen? Und was kann man aus ihrer Kenntnis über die Vereisungsgeschichte und die Eigenschaften der festen Erde lernen?
Methoden
- Global Navigation Satellite Systems (GNSS)-Messungen zur Bestimmung von zeitlichen Koordinatenänderungen von Felspunkten mit Genauigkeiten im Millimeterbereich
- GNSS-Messungen auf der Eisoberfläche zur Kalibrierung und Validierung von Satellitenmessungen
- Auswertung von Satellitenaltimetrie-Daten, insbesondere über den Eisschilden
- Auswertung von Satellitengravimetrie (Missionen GRACE und GRACE-FO)
- Auswertung von Daten der optischen und Radar-Satellitenfernerkundung zur Ableitung von Gletscherfließgeschwindigkeiten, Oberflächendeformationen, Gletscherfrontlinien
- Kombination verschiedener Messverfahren und von Ergebnissen numerischer Modellierung zur Separation unterschiedlicher Prozesse des Eisschilds, der festen Erde und des Ozeans
Verantwortliche
Prof. Martin Horwath, Institut für Planetare Geodäsie, Technische Universität Dresden
Dr. Mirko Scheinert, Institut für Planetare Geodäsie, Technische Universität Dresden
Projekte mit unserer Beteiligung
BMBF GROCE – Greenland Ice Sheet Ocean Interaction
TP6 – Glazialisostasie, Massenbilanz und Eisdynamik
DFG SPP Sealevel (SPP1889) – Regional Sea Level Change and Society
Reconciling ocean mass change and GIA from satellite gravity and altimetry (OMCG)